Avenir: Wir sprechen heute mit Euch über ganzheitliches Employer Branding – aber was bedeutet der Begriff eigentlich für Euch?
Stocker & Karadzic: Vereinfacht gesagt geht es beim Employer Branding darum, ein Unternehmen als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren. Die Umsetzung ist jedoch alles andere als trivial. Für uns sind zwei Aspekte besonders wichtig:
Zum einen definieren die Identität und Kultur ein Unternehmen als Arbeitgeber. Sie machen es einzigartig. In unserem Fall geht diese Identität weit über unsere Rolle als Energieversorgerin oder als Basler Unternehmen hinaus. Es geht um das, was IWB im Innersten ausmacht. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang lauten: „Wofür stehen wir als Arbeitgeberin? Was macht uns besonders? Wer passt zu uns?“. Die Antworten darauf bilden das Fundament unserer Employer-Branding-Aktivitäten. Darüber stellen wir sicher, dass in den Köpfen der Mitarbeitenden und Interessenten nicht irgendeine Vorstellung von IWB als Arbeitgeberin entsteht, sondern ein ganz konkretes Bild.
Zum anderen wirkt Employer Branding sowohl nach innen als auch nach aussen. Es hilft uns dabei, Mitarbeitende langfristig zu binden und gleichzeitig neue Talente zu gewinnen. Das funktioniert aber nur, wenn das, was wir nach aussen kommunizieren, auch intern gelebt wird – und umgekehrt.
Wir wollen eine hervorragende Arbeitsplatzkultur, geprägt von Vertrauen und Miteinander. Employer Branding hilft uns, genau das zu erreichen. Es ist weitaus mehr als nur reines Arbeitgebermarketing. Für uns ist es ein ganzheitlicher Ansatz, der Themen wie Candidate Experience, Laufbahnplanung, Retention Management, betriebliches Gesundheitsmanagement und Führungsverständnis miteinander verbindet.
Avenir: Vor ca. 5 Jahren habt ihr Euch entschlossen, erste Schritte im Bereich Employer Branding zu gehen – was hat Euch dazu bewogen? Was war Euer Ziel?
Stocker & Karadzic: Wenn wir in der vorhergehenden Frage einen dritten wichtigen Aspekt ergänzen sollten, dann wäre es dieser: Employer Branding funktioniert nicht isoliert – es ist immer eingebettet in den Gesamtkontext im Unternehmen. In unserem Fall war es insbesondere die neue Unternehmensstrategie mit den entsprechenden Zielen, die uns zum Handeln bewogen haben.
Unser Ziel war es, unseren Arbeitgeberauftritt weiter zu modernisieren und IWB Schritt für Schritt als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren – und damit einen Beitrag zur Strategie und zu den Zielen zu leisten. Denn nur, wenn es uns gelingt, passende Mitarbeitende zu gewinnen, zu binden und weiterzuentwickeln, können wir unsere Ziele als Organisation erreichen.
Avenir: Welche Schritte habt Ihr seitdem gemacht? Welche Prioritäten habt Ihr gesetzt?
Stocker & Karadzic: Ein zentrales Thema für uns, damals wie heute, ist der Umbau der Wärmeversorgung im Kanton Basel-Stadt – weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Lösungen. Dafür erweitern wir unser Fernwärmenetz und bauen neue Produktionsanlagen für Fernwärme. Ein Vorhaben, das wir als „Generationenprojekt“ bezeichnen, weil es uns bis ins Jahr 2037 begleiten wird.
Angesichts dieser Herausforderung ist klar, dass bestimmte Fachkräfte für uns besonders wichtig sind, insbesondere in der Akquise, im Engineering und im Betrieb. Diese Fachkräfte sind auf dem Markt schwer zu finden, nicht zuletzt, weil es kaum gezielte Aus- oder Weiterbildungen im Bereich Fernwärme gibt. Aus diesem Grund haben wir 2021 gemeinsam mit der Hochschule Luzern und mit EnergieSchweiz den CAS „Thermische Netze“ entwickelt. Das ist die erste Weiterbildung dieser Art in der Fernwärme. Für uns ist das ein entscheidender Hebel, um bestehende Fachkräfte weiterzubilden und neue zu gewinnen.
Darüber hinaus gab es weitere Massnahmen – angefangen bei der Fachlaufbahn, weiter über ein Programm zur Mitarbeitenden-Empfehlung, die Überarbeitung unseres Karriereauftritts auf der Website und eine optimierte Bewerberkorrespondenz bis zu gezielten Initiativen zur Förderung von Frauen in der Energiebranche.
Avenir: Bei welchen Schritten war ein externer Partner für Euch am hilfreichsten? Und warum?
Stocker & Karadzic: Ein gutes Beispiel ist der erwähnte CAS: Die Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern und mit EnergieSchweiz war dabei zentral. Durch die Verbindung von Theorie und Praxis konnten wir gemeinsam eine Weiterbildung schaffen, die bis heute Bestand hat – im September 2025 startet bereits der nächste Durchlauf.
Auch bei anderen Themen setzen wir gezielt auf externe Unterstützung. Avenir ist hier unser Hauptpartner. In unserer langjährigen, professionellen Zusammenarbeit haben wir viele Themen gemeinsam weiterentwickelt – von der HR- über die Rekrutierungsstrategie bis hin zu Trainee-Programmen und Assessments.
Externe Unterstützung ist für uns dann besonders wertvoll, wenn es darum geht, bestehende Sichtweisen zu hinterfragen, neue Impulse zu erhalten oder Themen einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Was von Avenir kommt ist fachlich fundiert, praxisnah und gut umsetzbar – das gibt uns Sicherheit und Orientierung.
Avenir: Bis jetzt haben wir v.a. über die Vergangenheit gesprochen. Wenn wir ins Hier und Jetzt schauen, stehen bei IWB im Employer Branding wieder Änderungen bevor.
Stocker & Karadzic: Das stimmt. IWB ist dabei, die Unternehmensstrategie und -ziele für die kommenden Jahre anzupassen. Damit verändern sich die Rahmenbedingungen, was auch Anpassungen im Employer Branding nach sich zieht.
Avenir: Wo steht Ihr heute bzgl. ganzheitlichem Employer Branding?
Stocker & Karadzic: Derzeit arbeiten wir an einer neuen Positionierungsstrategie. Dabei stellen wir uns erneut grundlegende Fragen: “Wer sind wir als Arbeitgeberin? Wofür stehen wir? Was macht uns aus?”
Das klingt vielleicht trivial, ist aber essenziell – gerade im Kontext der neuen strategischen Ausrichtung. Zudem ist es wichtig, sich regelmässig selbst zu reflektieren. Was vor fünf oder sechs Jahren passend war, muss heute nicht mehr gelten.
Sobald die Positionierungsstrategie steht, folgt die interne Verankerung. Erst dann gehen wir in die externe Kommunikation.
Avenir: Wie ergibt sich aus all diesen unterschiedlichen Schritten ein grosses Ganzes, etwas Ganzheitliches?
Stocker & Karadzic: Hierfür sind die bereits erwähnten Punkte zentral: Strategie und Ziele als Rahmen sehen, von der Identität und Kultur her denken und handeln, sich zuerst intern positionieren, dann extern.
So entsteht ein roter Faden, der alle Massnahmen miteinander verbindet. Statt lose Einzelmassnahmen umzusetzen, schaffen wir kohärente, aufeinander abgestimmte Aktivitäten. Das bewahrt uns auch vor dem blossen Reagieren auf kurzfristige Trends am Arbeitsmarkt.
Ein Beispiel: Wenn eine Arbeitgeberin für „positive Reibung“ steht, dann entwickelt sie unter anderem Formate, die genau das ermöglichen – etwa Events, bei denen Mitarbeitende zu Produkten oder Ideen Feedback geben oder mitentscheiden können. Wenn ein Trend Feedbackprozesse als überholt deklariert, gerät diese Arbeitgeberin nicht ins Wanken. Ihre Positionierungsstrategie gibt die Richtung vor – und schafft Stabilität.
Avenir: Zum Abschluss – was waren Eure ganz persönlichen Learnings auf der bisherigen Reise?
Stocker & Karadzic: Da gibt es einige, wobei wir drei hervorheben:
Was beschäftigt die Mitarbeitenden; wann muss man einen Trend einfach kurz aushalten und wann ist mehr dran – Fragen wie diese sind enorm wichtig. Es braucht ein ausgeprägtes Gespür für die Mitarbeitenden und für den Arbeitsmarkt sowie viel Dialog.
Employer Branding darf nie isoliert gedacht werden. Es ist nur dann wirkungsvoll, wenn es im Einklang mit der übergeordneten Strategie und Vision einer Organisation steht. Unsere Aufgabe ist es, diese Verknüpfung hinzubekommen – strukturiert genug, damit unsere Arbeit aufs grosse Ganze einzahlt und flexibel genug, um den Kurs zu justieren und auf Unvorhergesehen zu reagieren.
Und schliesslich: Employer Branding ist ein Marathon und kein Sprint. Quick wins darf und soll es geben, aber man darf sich nicht nur auf ihnen ausruhen. Wenn ein Unternehmen eine Arbeitgebermarke der Wahl werden will, braucht es Ausdauer und Struktur im Vorgehen.
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