Welche Faktoren nehmen Sie als die grössten Treiber von Employer Branding wahr?
Dominique Ey: Den Wertewandel in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt. Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Work-Life-Balance haben stark an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig verhalten sich auch diese Themen sehr dynamisch und erfordern viel Feingefühl im Umgang. So wird beispielsweise aktuell an vielen Orten die Homeoffice-Politik wieder neu hinterfragt, nachdem Flex-Work-Themen in den letzten Jahren sehr präsent waren.
Jonas Wittwer: Ein grosser Treiber ist sicher auch der demografische Wandel mit einer alternden Gesellschaft und einer veränderten Erwartungshaltung junger Generationen an die Arbeitgeber. KI gewinnt stark an Bedeutung – als Herausforderung, aber auch als Chance fürs
Employer Branding.
Wie legt man den Grundstein für eine erfolgreiche Employer-Branding-Strategie, und warum reicht Bauchgefühl nicht aus?
Dominique Ey: Viele Unternehmen verlassen sich zu sehr auf ihr Bauchgefühl, wenn sie ihre Arbeitgebermarke definieren. Der erste Schritt muss immer eine fundierte Analyse sein – sowohl intern als auch extern. Wir befragen Mitarbeitende aus unterschiedlichen Berufsgruppen, analysieren den Markt und identifizieren Erwartungen potenzieller Bewerber*innen. Das liefert die Grundlage für eine authentische Positionierung.
Jonas Wittwer: Zudem ist es sehr zentral, die Arbeitgebermarke in Einklang mit der Unternehmensmarke zu bringen, damit diese in der gleichen Markenidentität verankert sind. Um zu vermeiden, dass zwei voneinander losgelöste Brands geschaffen werden, ist meist eine Schärfung der Markenidentität nötig.
Welche Touchpoints müssen in der Entwicklung einer authentischen Arbeitgebermarke beachtet werden?
Dominique Ey: Eine Employer-Branding-Strategie funktioniert nur dann, wenn sie die gesamte Employee Journey berücksichtigt – von der ersten Wahrnehmung bis zur langfristigen Bindung. Dafür müssen wir alle Berührungspunkte kennen, an denen Mitarbeitende und Bewerber*innen mit der Marke in Kontakt kommen.
Jonas Wittwer: Danach gilt es diese zu priorisieren und nach der Wirkung für potenzielle oder bestehende Mitarbeitende zu beurteilen. Die Magie liegt aber am Ende genau darin, dass sich der Employer Brand wie ein roter Faden durch alle Touchpoints hinweg durchzieht. Wenn alle Massnahmen aus einem Guss sind, wird die Marke langfristig gestärkt und zum Bewerbermagnet mit hoher Retention.
Was macht eine Employer Value Proposition (EVP) wirklich überzeugend? Braucht es diese wirklich?
Dominique Ey: Eine gute EVP ist spezifisch, glaubwürdig und spiegelt die tatsächlichen Stärken eines Unternehmens wider. Zudem muss sie nicht nur extern inspirieren, sondern sicherstellen, dass sich alle Mitarbeitenden zu einem Teil damit identifizieren können.
Jonas Wittwer: Im Idealfall vereint die EVP die aktuelle Kultur mit einer Prise Vision und dem Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. Gelingt es einem Unternehmen, diese zu erarbeiten, wird die EVP zum Kern einer starken Employer Brand. Ohne dieses Fundament, fehlt oft die Orientierung, was darin resultiert, dass die Employer-Branding-Massnahmen als nicht orchestriert und damit nicht authentisch wahrgenommen werden.
Wie wird Employer Branding greifbar? Welche Massnahmen sorgen für eine authentische Umsetzung?
Dominique Ey: Eine starke Arbeitgebermarke muss von innen heraus gelebt werden. Dabei kommt gerade den Führungskräften eine zentrale Rolle zu. Diese müssen aktiv eingebunden werden, damit sie helfen können, Massnahmen richtig einzuführen. Dafür ist insbesondere auch eine gut durchdachte interne Kommunikation essenziell.
Jonas Wittwer: Danach folgt die externe Umsetzung – von der Karriere-Webseite über Social Media bis hin zu Stellenanzeigen oder Kununu-Bewertungen. Es geht darum, ein authentisches und konsistentes Erlebnis mit der Marke zu schaffen. Wenn das Bild nach aussen mit der realen
Unternehmenskultur übereinstimmt, werden Mitarbeitende zu Botschaftern, weil sie die Marke natürlich nach aussen tragen.
Wie kann der Erfolg einer Employer-Branding-Strategie gemessen werden?
Dominique Ey: Da gibt es einige Faktoren. Eine erhöhte Arbeitgeberattraktivität oder eine gesteigerte Mitarbeitendenbindung sowie eine damit einhergehende tiefere Fluktuationsrate sind wichtige Messgrössen. Auch eine verbesserte Unternehmenskultur kann gemessen werden, wenn sich Mitarbeitende beispielsweise stärker in Entscheidungen eingebunden fühlen und zufriedener sind.
Jonas Wittwer: Mit Blick auf den Rekrutierungsprozess würde ich noch die Anzahl der eingehenden Bewerbungen, die Qualität der Bewerber*innen, die Zeit bis zur Besetzung offener Stellen (Time-to-Hire) sowie die Kosten pro Einstellung (Cost-per-Hire) ergänzen. Der Erfolg der Massnahmen kann also sehr gut gemessen werden.
Wo scheitern Unternehmen in der Praxis oft – und wie lassen sich diese Stolpersteine vermeiden?
Dominique Ey: Ein häufiger Fehler ist, dass Employer Branding als isolierte Massnahme vom HR betrachtet wird anstatt als unternehmensweite Aufgabe. Wenn Führungskräfte nicht involviert und Mitarbeitende nicht informiert sind, bleibt die Strategie wirkungslos.
Jonas Wittwer: Zudem wird Employer Branding oft als einmaliges Projekt betrachtet. Es reicht aber nicht, ein neues Karriereportal zu erarbeiten oder eine Social-Media-Kampagne durchzuführen. Das sind wertvolle Massnahmen, aber Employer Branding ist ein Prozess, der laufend überprüft und angepasst werden muss.
Die goldene Frage zum Schluss: Was braucht es, um einen starken Employer Brand aufzubauen?
Dominique Ey: Ein klares Ziel und eine realistische Einschätzung, welche Elemente auf diesem Weg selbst angegangen werden können oder wo man potenziell Unterstützung von aussen suchen sollte.
Jonas Wittwer: Eine Entscheidung, an der man festhält, dem Thema Gewicht verleihen zu wollen, und den Mut, ein vermeintlich komplexes Thema einfach mal anzugehen. Erste Resultate werden schnell folgen.

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