Faires Trennungsmanagement

Lassen sich Kündigungen ohne Kränkungen, ohne Verschlechterung der Unternehmenskultur und ohne Reputationsschaden bewerkstelligen? Diese Frage beschäftigt HR wie Linienvorgesetzte gleichermassen. Ist es möglich, den Trennungsprozess fair und konstruktiv zu gestalten?

Stellenabbau sowie Kündigungen sind ein schwieriges Thema und sind sicherlich nie Imagewerbung. Der Tatsache, dass die Mitarbeitenden die glaubwürdigsten Botschafter des Unternehmens sind, wird oftmals zu wenig Beachtung geschenkt. Zudem hat die Art und Weise des Trennungsmanagements einen grossen Einfluss auf die Unternehmenskultur. Die verbleibenden Mitarbeitenden beobachten sehr genau, wie sich die Unternehmensführung im Falle von Trennungen verhält. Eine bewusste und nachhaltige Trennungskultur kann zur
Bindung und Motivation der im Unternehmen Verbleibenden beitragen. Durch ein faires Trennungsmanagement können zudem mögliche Eskalationen oder auch Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Diese belasten das Firmenklima und absorbieren unnötig viel Zeit, Energie und Geld. Dabei sind die wahrgenommenen negativen Effekte wie Kosten für einen allfälligen Sozialplan, eine Abgangsentschädigung oder Outplacement-Beratung lediglich die Spitze des Eisberges. Nicht zu vergessen sind verdeckte Kosten wie Fluktuation, Absinken der Produktivität, Vertrauensverlust bis hin zu Attraktivitätsverlust als Arbeitgeber und Kosten für Neurekrutierungen.

Auf die Art und Weise kommt es an

In den Outplacement-Beratungen mit Gekündigten wird oft klar, dass mit der Situation selbst, die Kündigung erhalten zu haben, oft relativ rasch umgegangen werden kann. Meistens verletzt nicht die Trennung als solche, sondern die Art und Weise, wie der Prozess abgelaufen ist. Es ist der Mangel an Empathie, Wertschätzung und Respekt, welcher verletzen und einen schalen Nachgeschmack hinterlassen kann. Dies macht es folglich für die Betroffenen auch schwierig, die Unternehmung in einem positiven Licht zu sehen. Oftmals ist viel Zeit notwendig, um das Vergangene zu reflektieren und aufzuarbeiten. Der Fokus auf das Neue dauert dadurch erheblich länger, da der Selbstwert gelitten hat. Dabei hört man Aussagen wie «ich fühle mich wie ein Verbrecher», «ich kann die Gründe nicht nachvollziehen» oder «das Verhältnis mit
der vorgesetzten Person war schon lange sehr schwierig und im Kündigungsprozess im Besonderen».

Im Falle einer Trennung sollten Transparenz und Offenheit in der Kommunikation oberstes Gebot sein – dadurch kann das notwendige Verständnis geschaffen
werden. Der Mitarbeitende braucht auch Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten. Bleiben Sie als vorgesetzte Person in Kontakt – seien Sie daher auch in den Tagen und Wochen nach dem Gespräch sichtbar, um für allfällige Fragen da zu sein. Damit vermeiden Sie ein Informationsvakuum und das Anheizen von Gerüchten.

Das Führen von Trennungsgesprächen ist deshalb so schwierig, weil jedes Gespräch einzigartig ist und trotz Vorbereitung das individuelle Verhalten sehr unterschiedlich ausfallen kann. Zudem schwingt die eigene Unsicherheit mit, und je nach Fall können die Auswirkungen einer Kündigung auf den betroffenen Mitarbeitenden immens sein. Mangelnde Erfahrung im Führen von Trennungsgesprächen, die Angst, in einen Argumentationsnotstand zu kommen, und auch die Reaktion der verbleibenden Mitarbeitenden verunsichern. Erschwerend kommt hinzu, dass
eine harmonische Grundstimmung in einem Kündigungsgespräch nicht möglich ist. Es gilt, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und darüber zu sprechen: sich bewusst zu sein, dass man im Auftrag und in der Funktion der Firma handelt und nicht als Privatperson, ist hilfreich,
um sich abzugrenzen und einen sachlichen, professionellen Rahmen für das Kündigungsgespräch zu schaffen. Dies ist natürlich eine Gratwanderung, denn Empathie soll ja trotzdem vorhanden sein.

Leitfaden zu einem fairen Trennungsprozess

Eine Schulung der Vorgesetzten kann sicherlich einen grossen Beitrag zur Vorbereitung und zur Unterstützung einer professionellen Durchführung der Kündigungsgespräche beitragen – insbesondere, wenn Mitarbeitende neu in einer Führungsfunktion sind.
Nachfolgend präsentieren wir einen kurzen Leitfaden, in welchem die wichtigsten Punkte für einen fairen Trennungsprozess zusammengefasst sind:

Vorbereitung des Gesprächs:
• Sind keine internen Lösungen möglich?
• Berücksichtigen der arbeitsrechtlichen Aspekte sowie eines allfälligen Sozialplans
• Kündigungen aus Leistungs- und Verhaltensgründen immer fair und klar begründen und an frühere Schritte (Beurteilungen, Verwarnungen) anknüpfen
• Sich mit der Person auseinandersetzen, Gedanken machen zu Hintergrund, Aus- und Weiterbildung, Stärken und Schwächen – Leistungspotenziale einbringen, um die Person zu bestärken und den Blick auf die Zukunft zu richten
• Mögliche Reaktionen antizipieren

Durchführung des Gesprächs:
• Kündigung kurz und bündig und in den ersten 5 Sätzen kommunizieren
• Nachvollziehbare Begründung – warum werde ich entlassen? Warum wurde ich ausgewählt?
• Informationen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeben
• Information zur Unterstützung durch eine externe Firma – Austrittspaket, interne Anlaufstellen und Outplacement- Unterstützung
• Verabschiedung, Vereinbarung nächster Schritte, Folgegespräch abmachen

Planung der Stellenübergabe:
• Sind mir alle Aufgaben des Mitarbeitenden bekannt?
• Wer wird die laufenden Aufgaben übernehmen?
• Wann, wo und wie wird die Übergabe stattfinden?

Gestaltung der Neuausrichtungsphase:
• Wer ist ebenfalls von der Trennung betroffen und wie informiere ich diese Personen? (Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten, andere Abteilungen)
• Was sage ich dem übrigen Team nach dem Trennungsgespräch?
• Wie erfolgt die Aufgabenaufteilung?
• Was könnten Reaktionen im Team sein?
• Wie geht es mir nach der Kündigung?
Was brauche ich?

Das individuelle Empfinden und Wahrnehmen des Ablaufs einer Kündigung unterscheidet sich oft. Bei aller Vorbereitung und dem detaillierten Durchdenken des Prozesses kann der Mitarbeitende den Prozess trotzdem als unprofessionell und unfair erleben. Dieser Aspekt muss
einem bewusst sein, und man muss damit umgehen können. Eine Kündigung stellt stets den Selbstwert des Betroffenen infrage und bedeutet den Ausschluss aus einer Gemeinschaft.

Es ist wichtig, Gekündigte nicht sich selbst zu überlassen. Nicht jeder kann mit Kränkungen
gleich gut umgehen. Bei aller Wertschätzung und Empathie, welche ein
Vorgesetzter entgegenbringen kann, er bleibt der Verursacher der Situation. Wichtig ist eine humane und faire Behandlung des gekündigten Mitarbeitenden mit dem Ziel, dass er mit Selbstachtung und guten Mutes wieder in eine positive Zukunft blicken kann. Hierbei kann eine Outplacement-Beratung durch einen externen Anbieter grosse Unterstützung bieten.

Eine für alle Parteien perfekte Lösung gibt es dabei nicht. Lediglich das Einbringen von Erfahrungen und die Bereitschaft, den Trennungsprozess stets zu reflektieren und zu verbessern, können helfen, dass dem Mitarbeitenden viel Leid erspart wird, eine vertrauensvolle Unternehmenskultur gestärkt wird und so auch Kunden und potenzielle Mitarbeitende die Unternehmung in einem positiven Licht sehen.

Original-Artikel

Ausgabe: April 2020
  • Regula von Arx

    Regula ist es ein Anliegen Menschen da abzuholen, wo sie stehen und in anspruchsvollen beruflichen oder persönlichen Situationen zu begleiten. Dabei sollen neue ungeahnte Perspektiven und Möglichkeiten entdeckt werden. Als…

    Profil ansehen